Tee ist kein Getränk, das man einfach zubereitet. Es ist eine Sprache aus Temperatur, Zeit und Aufmerksamkeit – und wie man sie spricht, verändert alles.
Zwei Zubereitungsarten zeigen das besonders deutlich: Gongfu Brewing (häufig auch Cha Dao oder Gongfu Cha) und das westliche Aufbrühen, oft Western Brewing genannt.
Beide Methoden bringen die Essenz des Tees hervor – nur auf sehr unterschiedliche Weise.
Was bedeutet „Gongfu Cha“?
Der Begriff „Gongfu“ (工夫) bedeutet wörtlich „mit Hingabe ausgeführt“ oder „Meisterschaft durch Übung“.
Beim Gongfu-Aufguss geht es also nicht um ein festes Ritual, sondern um Aufmerksamkeit im Tun – jede Bewegung, jede Temperatur, jede Sekunde ist Teil der Erfahrung.
Typische Merkmale:
- Kleine Teekanne oder Gaiwan (100–200 ml)
- Hohe Blattmenge (5–7 g auf 100 ml)
- Sehr kurze Aufgüsse (10–30 Sekunden)
- Mehrere Aufgüsse (bis zu 8 oder 10)
Durch diese Methode entfalten sich die Aromen Schicht für Schicht.
Ein Oolong oder Pu Erh kann sich mit jedem Aufguss verändern – von floral zu mineralisch, von weich zu tief.
Gongfu bedeutet, den Tee zu beobachten, nicht zu kontrollieren.
Western Brewing – die westliche Zubereitung
Im westlichen Stil wird Tee meist in größeren Mengen aufgebrüht – eine Kanne, ein Teelöffel pro Tasse, einige Minuten Ziehzeit.
Das ist praktisch, zugänglich, und vor allem eines: konstant.
Typische Merkmale:
- Großes Gefäß (300–500 ml pro Portion)
- Weniger Blattmenge (1 TL pro 200–250 ml)
- Längere Ziehzeit (2–5 Minuten)
- Ein bis zwei Aufgüsse
Diese Methode eignet sich gut, wenn man klare, gleichmäßige Aromen möchte.
Ein guter Sencha oder Darjeeling kann so seine Frische oder Tiefe auf den Punkt zeigen – in einer einzigen, harmonischen Tasse.
Gongfu vs. Western – Zwei Wege, denselben Tee zu verstehen
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Aspekt |
Gongfu Brewing |
Western Brewing |
|---|---|---|
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Gefäßgröße |
klein (100–200 ml) |
groß (300–500 ml) |
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Blattmenge |
viel (5–7 g/100 ml) |
wenig (2–3 g/250 ml) |
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Ziehzeit |
kurz (10–30 Sek.) |
länger (2–5 Min.) |
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Anzahl der Aufgüsse |
viele (bis zu 10) |
1–2 |
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Ergebnis |
komplex, sich entwickelnd |
gleichmäßig, rund |
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Ziel |
Wahrnehmung, Tiefe, Ritual |
Konsistenz, Klarheit, Alltag |
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Empfohlene Tees |
Oolong, Pu Erh, hochwertige Grüntees |
Sencha, Schwarztee, aromatisierte Sorten |
Was passiert chemisch?
Beim Gongfu-Aufguss werden die wasserlöslichen Stoffe – Koffein, L-Theanin, Polyphenole – in Etappen freigesetzt. Das bedeutet: Der erste Aufguss ist oft leicht und floral, der zweite süßer, der dritte körperreicher. Beim Western-Aufguss werden alle Bestandteile in einem Zug extrahiert – das Ergebnis ist intensiver, aber weniger dynamisch.
Je nach Teesorte kann das eine oder das andere sinnvoller sein:
Ein Oolong etwa entfaltet sich im Gongfu-Stil feiner, während ein Sencha im westlichen Stil seine grasig-frische Note besser bewahrt.
Wie man den richtigen Stil findet
Es gibt keine „bessere“ Methode – nur eine, die besser zu deinem Moment passt.
Wer Tiefe, Aufmerksamkeit und Zeit sucht, wird im Gongfu-Stil eine meditative Erfahrung finden.
Wer Klarheit, Einfachheit und Ruhe möchte, wird im Western-Stil ankommen.
Beide Wege führen zu demselben Ziel:
Einen Moment zu schaffen, in dem Tee nicht Mittel zum Zweck ist, sondern eine Pause, die trägt.
Praktischer Tipp
Wenn du einen Tee in beiden Stilen probierst, erkennst du, wie lebendig Geschmack ist.
Ein Oolong, der im Gongfu-Stil cremig und duftend ist, kann im Western-Aufguss weich und nussig wirken. So lernst du den Charakter eines Tees wirklich kennen.